Bruder Reinold von Theiss aka  Ronald Vetter

Ich erblickte das Licht dieser Welt im Jahre des Herrn 1272. Das Anwesen meiner Eltern an dem Flusse Theiss gelegen gab unserer Familie wie auch unserem Gutshof den Namen ....Meine Eltern, Johannes von Theiss und seine liebe Frau Katharina waren nach den Kreuzügen von unserer Burg auf den Gutshof gezogen, da mein Vater - ein tiefgläubiger Mann - nach seiner glücklichen Rückkehr aus dem Heiligen Land gelobt hatte, seiner Güter zugunsten der heiligen Mutter Kirche zu entsagen.... Er war auf der Fahrt mit seinem Schiff in einen heftigen Sturm geraten, der gedroht hatte, das Schiff mit allen seinen Insassen zu verschlingen. In seiner Not hatte mein Vater dem heiligen Johannes - seinem Schutzpatron - gelobt seinen weltlichen Gütern zu entsagen, wenn er ihnen in dieser schweren Stunde beistünde .. Und siehe da, wie durch ein Wunder legte sich der Sturm.

Also entsagte er seinem Titel und einem Großteil unserer Länderereien und zog sich mit einigen wenigen Bediensteten auf den Gutshof am schon bereits benannten Fluß Theiss zurück. Meine Kindheit war geprägt von tiefem Glaube und der Feldarbeit. Nie hätte ich zu hoffen gewagt, einmal in meinem Leben ein Ritter zu werden. Doch die Wege des Herren sind unergründlich ! Einer der Ritter, die meinen Vater auf dieser Schiffsreise begleitet hatten, hatte nach der wundersamen Rettung sein Leben und Werken in den Dienst des barmherzigen Order der Hospitaliter gestellt, die hierzulande auch unter dem Namen "Johanniter" bekannt sind. Just wollte es der Zufall, daß eben dieser Gottfried von Reims - Gott sei seiner Seele ewig gewogen - mich als Sohn seines Freundes erwählte sein Knappe zu werden .. So kam es, daß ich ihm, nachdem er einige Tage bei uns zu Gast gewesen war, zum Johanniterkloster in Mossau folgte, in welchem er seinen Dienst als Verwalter und Ausbilder versah.

Herr Gottfried sorgte dafür, daß ich trotz meiner eigentlich 'niedrigen' Herkunft in allen Tugenden des Rittertums, der Heilkunst und des klösterlichen Lebens unterwiesen wurde. Meine Ausbildung endete mit der Erhebung in den Ritterstand - der Schwertleite, die ich im Jahre 1288 erhielt. Der Johanniterorden zog zu dieser Zeit viele seiner Ritter und dienender Brüder im heiligen Land zusammen, um Dienste an den Pilgern und Kreuzfahrern zu leisten.

So zog auch ich mit Brüdern und Rittern aus meinem Kloster gen Jerusalem. Nachdem wir uns in Frankreich eingeschifft hatten, erreichten wir nach einer beschwerlichen Überfahrt das heilige Land. Doch schon nach kurzer Zeit mußte ich feststellen, daß die Kreuzzüge nicht den Erfolg hatten, die sich die Kreuzfahrer und der König von Jerusalem erhofft hatten. Die Lage wurde gegen Ende des Jahres 1290 immer brenzliger und nach dem heiligen Christfest, wurden wir nach Akkon verlegt, um dort eines der letzten Bollwerke der Christenheit im gelobten Land zu verteidigen. Als wir jedoch in Akkon eintrafen, wurde uns nur noch die traurige Aufgabe zuteil, die Stadt kurz vor Ihrem Fall zu evakuieren... Dabei halfen uns viele Brüder der Johanniter, die hier zusammengerufen worden waren. Nach der Flucht aus Akkon, erhielt der Orden auf der Insel Cypern asyl, und mir wurde die Aufgabe zuteil, die landwirtschaftliche Versorgung zu organisieren, die einen Großteil der Nahrungsmittel lieferte. Meine Erfahrungen in der Landwirtschaft waren hierbei von großem Nutzen.

Des weiteren schrieb ich in der Abgeschiedebheit der Burgmauern und meiner Zelle die Chroniken der letzten Tage Akkons. Nach meiner Rückkehr im Jahre des Herrn 1294 in die deutschen Lande und in das Kloster in Mossau, wurde ich aufgrund meiner Verdienste um den Orden zum Prior des Ordenshauses berufen und im Range eines ritterlichen Komturs eingesetzt. Nach der Ehre dieser Berufung widmete ich mich - des Kampfes müde - dem Ausbau der landwirtschaflichen Güter meiner kleinen Komende. Großen Erfolg hatte ich dabei mit der Einführung des Dreifelderprinzips, welches den fruchbaren Boden meines Odenwälder Gutes zu fast keiner Zeit ungenutzt läßt.

Nun begab es sich vor einigen Wochen, daß ein Schreiben in Mossau eintraf, welches mich und einen meiner Mitbrüder, den ehrenwerten Ritter Siegbert von Bernau - aufforderte, uns in Begleitung zweier edlen Damen aus dem fernen England nach Avignon zu begeben, um vor seiner Heiligkeit dem Papst, die Wallfahrt eines irischen Pilgers - dem Vater der beiden Damen - zu bestätigen. In meiner Chronik ist die traurige Geschichte dieses Mannes verzeichnet, der um aus dem Bann der heiligen Mutter Kirche entlassen zu werden eine Pilgerfahrt ins gelobte Land unternehmen mußte und kurz vor seiner Rückreise bei den Kämpfen vor Akkon schwer verletzt wurde. Bruder Sigbert und ich pflegten den tödlich verwundeten Mann, der von der Irischen Insel nach Jerusalem gereist war, bis zu seinem Tod. Jetzt sind die Töchter des Irischen Edelmannes auf dem Weg nach Avignon um den Namen ihres Vaters reinzuwaschen.

Wir, die wir seinen letzten Weg begleiteten, sollen nun Zeugnis für seine Leuterung leisten. Die beiden Damen erwarten die Ländereinen, die nach Aussprache des Bannes über Ihren Vater, vom irischen Erzbischof konfisziert wurden, nach dem Urteil und Aufhebung des Bannspruches durch seine Heiligkeit zurück. Als Gegenleistung haben sie gelobt, unserem Orden ein Kloster zu stiften.

Aus diesem Grunde befinden sich ausser Bruder Sigbert und mir, noch ein Bruder der englischen Komende, die designierte Äbtissin dieses Klosters und ihr Schreiber mit auf dieser diplomatischen Mission, die unter der Leitung des italienischen Legaten Fausto di Viaragine steht. Auf unserer beschwerlichen und nicht ganz ungefährlichen Reise nach Avignon schlossen wir uns der Reisegesellschaft des ehrenwehrten Baron de Ribeauville an. Da er als Ansässiger Lehensherr und Kenner der Lande, die wir nun durchreisen, über viel Wissen und Einfluß verfügt, sind er und seine Reisegruppe unschätzbar wertvolle Begleiter auf unserer Reise.....