Die Messe nach dem römischen Ritus im Hochmittelalter - Von Carsten Baumann


I. Einleitung

Für die abendländische Gesellschaft nach Beginn des 16. Jahrhunderts, gilt bekanntermaßen der Ausspruch Descartes: "Ich denke also bin ich!" als charakteristisch für das Lebensgefühl des neuzeitlichen Menschen. Der mittelalterliche Mensch definierte sich dagegen über den Glauben, die Glaubenserfahrung und über seine Bereitschaft, sich dem Willen Gottes zu fügen. Unter anderem findet es seinen Ausdruck im Bestreben der Individuen, sich der - als göttlich begriffenen - Welt - und Gesellschaftsordnung anzupassen.Insbesondere äußerten sich Glauben und Religiosität in kirchlichen und "privaten" Riten und Regeln (Gebet, Liturgie, Bräuchen, Lebens- undRechtsformen).

Die Wurzeln vieler dieser, im Mittelalter christlich motivierten Erscheinungsformen von Glauben und Religiosität, reichen in vorchristlichen Religionen und Kulte zurück. (Als Beispiel sei hier nur die Umbildung der Nacht der Mütter = 24. / 25. Dezember als heidnisches Weiblichkeits- und Fruchtbarkeitsfest zum christlichen Weihnachtsfest, oder die Übernahme von jüdischen Liturgien - siehe unten - in die christliche Messe, genannt).

1. Geschichtliche Entwicklung der mittelalterlichen Messe

2. 1 Religiös - inhaltliche Prinzipien

Für die frühmittelalterliche Messe kann festgestellt werden: "Es ging nicht um liturgische Verkündung, sondern um ein kultisches Geschehen mit objektiver Ermittlung von Gnade. Auf die Gegenwart Christi, oft in physizistisch - dinglicher Handfestigkeit, war das Interesse gerichtet.

Auf die "Verwandlung" von Brot und Wein kam es an, alles andere an der Messe gerann zur Zutat. Gegenwart der "heilbringenden Gnade" durch die Verwandlung sah man in der Messe. Darum war die Messe möglichst oft zu feiern (häufige und tägliche Messe).

Die Messe wurde zwar für das Volk jedoch nicht mit dem Volk gefeiert. Aus diesem Grund war die lateinische und fremde Kultsprache kein Problem. Es kam nicht auf das Verstehen an, sondern auf den richtigen kultischen Vollzug durch den Priester." (1)  Die Aussage, die Messe wurde "nicht mit dem Volk gefeiert", darf man nicht missverstehen. Zu allen Zeiten des Mittelalters war in der Messe (abgesehen von den Offizien in klösterlicher Abgeschiedenheit) immer die Kirchengemeinde anwesend. Sie hatte allerdings keinen, oder nur einen geringen Anteil an den Handlungen und musste das gesprochene und gesungene Wort intellektuell nicht verstehen können.

Die Gnade spielte im gesamten Mittelalter eine zentrale Rolle innerhalb des Christentums, also auch in der Liturgie, der Messe. Im hohen Mittelalter wurdenjedoch andere Glaubensaspekte hinzugenommen und mit neuem Schwergewicht belegt:

Das Leben Jesu wurde stärker beachtet und insbesondere der Vorbildcharakter wurde in den Vordergrund gestellt. Hinzu kam ab dem 11. Jahrhundert eine verstärkt zunehmende Marienverehrung.

Im Hochmittelalter gewann der Wortgottesdienst an Bedeutung. Diese Entwicklung begann im frühen 12. Jahrhundert, erfuhr einen deutlichen Aufschwung mit der Bildung der "Bettel- und Predigerorden", der Franziskaner und Dominikaner. Predigten wurden immer häufiger in der jeweiligen Landessprache gehalten und verbreitet, obwohl die offizielle liturgische Sprache weiterhin das Latein blieb.

2.2 Die liturgische Entwicklung der Messe

Im Urchristentum bestanden zwei Arten von Gottesdiensten nebeneinander. Zum Einen gab es die Synaxis, das heißt, den Gottesdienst ohne Abendmahl, der aufjüdische Andachtsformen basierte. Bis zum zweiten Jahrhundert nach Christi hatte er sich zu der folgenden Form entwickelt:

1. Eröffnungsgruß des zelebrierenden Geistlichen (Offiziant) und die Antwort der Versammlung der Gläubigen.

2. Lesung

3. Psalmengesang

4. Lesung (oder durch Psalmen unterbrochene Lesungen)

5. Predigt

6. Entlassung der noch nicht getauften

7. Gebete

8. Entlassung der Kirchengemeinde (2)

Die zweite Art des frühchristlichen Gottesdienstes, die eucharistische Dankfeier, setzt sich aus vier Handlungen zusammen:

1. Die Opferung (das Offertorium) : Brot und Wein werden genommen und zusammen auf den Tisch gestellt.

2. Das Gebet: Der Vorsteher dankt Gott über den Gaben des Brotes und des Weines.

3. Die Brotbrechung: Das Brot wird gebrochen.

4. Die Kommunion: Das Brot und der Wein werden zusammen ausgeteilt.

In dieser Form und Reihenfolge bilden die vier Handlungen den absolut unveränderlichen Kern sämtlicher eucharistischer Riten, die uns von alters her, vom Euphrat bis in den gallischen Raum bekannt sind.Diese beiden selbstständigen Arten des Gottesdienstes verschmolzen seit dem vierten Jahrhundert allmählich miteinander, bis sie zuletzt in der Messe als untrennbare Teile eines und desselben Ritus angesehen wurden. (3)

2.3 Die Gregorianik

Es hat sich heute eingebürgert, das einstimmige Repertoire der katholischen Kirche als "Gregorianik" oder "Gregorianischen Gesang" zu bezeichnen, obwohl die meisten der dazu gerechneten Melodien jünger sind und mit der Epoche des Papst Gregors I. (540 - 604) zeitlich nichts mehr zu tun haben. Nur ein Bruchteil der als "gregorianisch" bezeichneten Melodien waren damals bereits entstanden.

Auch die Form der Messe veränderte sich weiter: "Das Credo zum Beispiel, fand erst im 11. Jahrhundert, auf Betreiben des Kaisers Heinrich II., seinen Platz im Gottesdienst." (4) An dieser Stelle soll noch einmal festgehalten werden: Wir verstehen unter den Begriff des Gregorianischen Gesanges die einstimmige kirchliche Vokal - Musik des Mittelalters. Es gab zwar seit dem 9. Jahrhundert Berichte über die Verwendung von mehrstimmigen Gesang zu liturgischen Zwecken (5), es handelt sich aber bei dem "gregorianischem", d.h. dem einstimmigen Gesang, um die wichtigste Form der liturgischen Musik. Bis zum Ende des 13. Jahrhunderts existierte keine vollständige polyphone Meß -Liturgie. (6) Die "gregorianische" Musik prägte die mittelalterliche Messe entscheidend, besteht doch ein großer Teil der Messe aus gesungenen Teilen: Soli (gesungen von Priester oder Kantor) und chorischen Stücken (Antiphonen und Responsorien, ausgeführt im hohen Mittelalter bereits eher durch einen Chor als durch die Kirchengemeinde).

3. Die Messe nach dem römischen Ritus im hohen Mittelalter

3.1 Zur "dramaturgischen Absicht"

Die äußere Form der Messe hatte sich bis zum 13. Jahrhundert weitgehend konsolidiert. Ihre Form und ihr Inhalt (emotional ansprechende, feierliche Riten, theatralische Handlungen und viel Gesang) hatten sicher auch den Zweck, die mittelalterliche Zuhörer- und Zuschauerschaft zu fesseln und anzusprechen.Aber sowohl von den Ausführenden als auch von den Rezipienten wurde das, was wir heute möglicherweise kritisch als "Show" bezeichnen, als "vergegenwärtigender Nachvollzug, als festlich mythische Wiederholung begriffen". (7) "Eine Charakterisierung der Messfeier als wohldurchdachte, über theatralische Mittel souverän gebietende Inszenierung mindert ihre sakrale Würde keinesfalls". (8)

Bruder Eberhard von Sax

3.2 Die Struktur der Messe

SOLO mit Chor

Proprium

Ordinarium

Vormesse 1. Stufengebet

2. Introitus

3. Kyrie

4. Gloria

5. Oration

6. Epistel

Wortgottesdienst Graduale mit Alleluja

- Vers oder mit Tractus, bzw. Sequenz

8. Evangelium

9. Homilie (Predigt)

10. Credo

11. Offertorium

12. Präfation

Eucharistiefeier

13. Sanctus

14. Oratio dominica

(Pater Noster)

15. Agnus Dei

16. Communio

Schluß der Messe 17. Ite missa est oder Benedicamus (9)

3.3 Der Ablauf der Messe

3. 3.1 Zum Umfang der Messe

Vorausschickend muß gesagt werden, dass wir nicht davon ausgehen können, dass die Messe immer im vollen Umfang zelebriert worden ist. Insbesondere die chorischen Anteile werden häufig gekürzt, wenn nicht sogar weggelassen worden sein. Die "Mühe", die man sich bei der Gestaltung und Durchführung gab, wird unter anderem von der Wichtigkeit des Anlasses der jeweiligen Messe abhängig gewesen sein. Im hohen Mittelalter kam dem Weihnachts-, dem Oster- und Pfingstfest sowie den Marienfeiertagen eine besonders hohe Bedeutung zu.

Des weiteren hatten - regional unterschiedlich - verschiedene Heiligengedenktage einen besonderen Stellenwert. Ohnehin besteht die Messe neben den feststehenden Teilen (Ordinarien), die in jeder Messe zelebriert werden sollten, auch aus veränderlichen Einheiten(Proprien), von denen einige nur zu bestimmten Anlässen durchgeführt wurden.(10)

Die einzelnen, oben bereits aufgeführten Stücke der Messe, sollen nun im Folgenden beschrieben und kommentiert werden.

3. 3.2 Das Stufengebet

Im 13. Jahrhundert begann die Messe bereits mit dem Stufengebet, das der Priester, die Altar-stufen emporsteigend, spricht. Seit dem 10.Jahrhundert steht der vierte Vers des 43. Psalms in seinen Mittelpunkt: "So will ich zum Altar Gottes treten, zum Gott meiner Freude. Jauchzend will ich dich auf der Harfe loben, Gott, mein Gott", sowie ein Sündenbekenntnis, das vor dem Beginn der heiligen Handlungen als unerlässlich gilt.

3. 3.2 Der Introitus

Während der Spätantike handelt es sich beim Introitus noch um einen Begleitgesang zum Einzug des Klerus in die Kirche, von antiphonischem Charakter (Antiphon: wechselchöriger Vortrag mehrerer Verse, z.B. Psalmenverse). Dazu wurden - bis der Einzug der Geistlichen beendet war - mehrere Psalmenverse gesungen.

In der Entwicklungsphase der Messe vom 8. bis zum 11. Jahrhundert reduzierte sich der Gesang auf nur einen Psalm, und der Introitus nahm seinen Platz nach dem Stufengebet ein, wo er - gleichsam als gesungene "Ouvertüre" - nach dem Sündenbekenntnis beginnt. (11)

3. 3.4 Das Kyrie

Dem Introitus folgte das Kyrie, das sich seit spätestens dem 6. Jahrhundert als fester Bestandteil in dem Repertoire der Messe befindet, und seitdem seine Form kaum verändert hat: Auf dreimal drei Kyrie - Rufe folgen dreimal drei Christi - Rufe, dann wieder ebenso viele Kyrie - Rufe. Also: Herr erbarme Dich - Christ erbarme Dich!. Die Milde Gottes wird dadurch beschworen. Ursprünglich gingen diese Rufe zwischen Priester und Gemeinde hin und her und es wurde innerhalb dieses Ritus verschiedene Bitten der Gemeinde - also vermutlich sehr reale Wünsche - im Wechselgesang mit dem Priester geäußert.

Die Geschichte des Kyrie weist weit in vorchristlichen Epochen zurück.

3. 3.5 Gloria in Excelsis Deo

Das Gloria basiert auf den biblischen Gesang "Gesang der Engel", nach Lukas 2 Vers 14.

"Vom Zelebranten angestimmt, wird das Gloria vom Chor fortgeführt". (12)

3. 3.6 Oration

Nach dem Gesang des Gloria spricht der Priester die Gemeinde erstmals direkt an, und zwar mit den Worten "Dominus vobiscum". Die Gemeinde antwortet mit "Et cum spiritu tuo", wonach der Priester mit der Aufforderung "Oremus" zum Gebet übergeht, der Oration, in der er stellvertretend das Beten aller zusammenfasst, weshalb sie an dieser Stelle auch "Collecta" genannt wird. Hierbei handelt es sich um einen sehr einfachen, mit "Amen" beendeten Sprechgesang,  zu dem es keine musikalische Überlieferung gibt. Mit der Oration endet die sogenannte Vormesse. (13)

3. 3.7 Epistel

Mit den Episteln wird der Wortgottesdienst (auch Lesegebets- oder Lehrgottesdienst genannt) eröffnet. Der Begriff Epistel leitet sich von den Apostelbriefen ab,  aus denen an dieser Stelle gelesen wird. Ebenfalls kommen hier Passagen aus der Apostelgeschichte und aus den alttestamentarischen Propheten zum Vortrag. Die Epistel werden - wie die Oration - im Accentus, das heißt im Sprechgesang vorgetragen.

3. 3.8 Das Graduale

Bereits in der Synagoge war es üblich, nach der Lesung responsorisch zu singen, das heißt, dass dem solistischen Vortrag des Priesters der Chor (der Gemeinde oder der Kleriker) antwortet. (14) Dieser Brauch wurde vom christlichen Ritus übernommen.

Der Begriff Graduale leitet sich von den Stufen (gradus) des Ambo (der Kanzel) ab, auf denen der singende Solist, das heißt der Priester, während des Vortrages stand. Die Texte sind in erster Linie dem Psalter entnommen. Der Priester beginnt mit dem sogenannten Responsum, einen durch die Wiederholung durch den Chor bestimmten Abschnitt. Ist diese erfolgt, so trägt er einen Solvers vor. (15) Im frühen Mittelalter schloß sich dann das Alleluja an, während noch im Frühmittelalter ein weiteres Responsum (der Gemeinde) folgte.

Insbesondere das Graduale ist häufig mehrstimmig ausgestaltet worden. Wir können fest davon ausgehen, dass zumindest das Graduale im frühen 13. Jahrhundert gelegentlich mehrstimmig in Messen vorgetragen wurde. (16)

3. 3.9 Das Alleluja

Der jüdische Gebetsruf Alleluja ((preiset Jawe = lobet den Herrn) wurde vom Frühchristentum übernommen. Über seine Frühform von der Spätantike an,  entwickelt sich das Alleluja schließlich zu einen der prunkvollen Höhepunkte der hochmittelalterlichen (und auch späteren) Messe. Das Alleluja zählt mit zu den  volkstümlicheren, weil recht emotional getragenen, Teilen der Messe - Liturgie.

3. 3.9.1 Der Tractus

Seit dem 8. und 9. Jahrhundert wird in der Fastenzeit anstatt des chorischen Allelujah´s der solistisch gesungene Tractus vorgetragen (Tractus: tractim = in einem Zuge). Das Tractus Repertoire der Handschriften des 9. und 10. Jahrhunderts wurde schon frühzeitig bedeutend erweitert. Es wurden Tractus und weitere Heiligenfeste, die in die Vorfastenzeit und in die Fastenzeit fallen, geschaffen. (17)

3. 3.9.2 Die Sequenz

Vom 8. bis zum 13. Jahrhundert entwickelte sich die Sequenz als zunächst textloses, später mit Text versehenes Ergänzungsstück zum Alleluja. Die Sequenz war nur bestimmten Feiertags - Messen zugeordnet.

3. 3.10 Das Evangelium (Lesung) und die Predigt

Beim Vortrag des Evangeliums handelt es sich um die zweite Lesung (nach den Episteln). Das für die jeweilige Messe ausgewählte Evangelien - Segment wird vom Priester vorgelesen. Es folgt die Predigt, die das Evangelium zum Einen deutet, zum Anderen es aber in einen neuen, aktuellen und die Gemeinde betreffenden Zusammenhang bringt. (18)

3. 3.11 Das Credo

Der Wortgottesdienst schließt mit dem Credo. Es handelt sich um ein gesungenes Glaubensbekenntnis, das sich vom Bekenntnis der Getauften ableitet. Wie oben bereits erwähnt, gelangte das Credo erst spät in den Kanon der Messe - Liturgie des römischen Ritus. Zuerst wurde es in der mozarabischen Liturgie vorgeschrieben (drittes Konzil von Toledo, 589, (...) ), wurde um 800 vorübergehend vielleicht auch in Rom heimisch (...) (798 vom Konzil von Aachen für das ganze Frankenreich vorgeschrieben). Von hier aus gelangte es auf ausdrücklichen Wunsch Kaiser Heinrich II. während seines römischen Aufenthaltes 1014 in die römische Messe.

3. 3.12 Offertorium

Mit dem Offertorium beginnt die Eucharistie - Feier. Offertorium (= Opferung) ist die Handlung, in der Brot und Wein dargebracht (Darbringung = Oblatio) werden, bevor der Priester es austeilt. In engster Verbindung damit stand die Gabendarbringung (Naturoblationen) der Gläubigen, die in Rom seit dem 5. Jahrhundert, in Karthago aber schon vor 400 heimisch war. (20)

Die Gaben (Brot, Wein, Wachs, Öl, Stoffe u.a.) wurden von der Gemeinde in einem Opfergang zum Altar gebracht. Die dargebrachten Dinge, die nicht direkt im Abendmahl verwendet wurden, waren der Armenfürsorge zugedacht. Die "Oblatio" gehörte in frühchristlicher Zeit zur Sonntagspflicht der Erwachsenen. Seit dem 11. Jahrhundert beschränkte sich der pflichtgemäße Opfergang nur mehr auf wenige Tage und Gelegenheiten im Kirchenjahr. Seit dem 12. Jahrhundert  bürgerte sich dann das Opfern von Geld (Opfer und Messpfennig) ein. (21)

3. 3.13 Präfation

Bei der Präfation handelt es sich um ein besonders feierliches Dankgebet.

3. 3.14 Sanctus und Wandlung

Das Sanctus schließt sich an die Präfation an. Es gehört vermutlich zu den ältesten Bestandteilen der Messe. (22) Es handelt sich um ein Loblied, nach Jesaja 6, Vers 3.

Nach diesem Lied tritt die Handlung in das Heiligste ein. Der Priester betet, wenigstens seit der Karolingerzeit, "tacito" weiter, so dass heiliges Schweigen herrscht. (23) Der Priester spricht die Einsetzungsworte Christi ("Dies ist mein Leib ...", "Dies ist mein Blut ...") und hebt Brot und Wein in die Höhe. Auch durch folgende Handlungen (herbeiströmen des Volkes, Glockengeläut, Weihrauch - Inzensation) wurde dieser Augenblick im Mittelalter als besonders heilig und bedeutsam hervorgehoben - Brot und Wein galten als verwandelt.  Danach folgt das Vaterunser.

3. 3.15 Agnus Dei und Communion

Seit dem 7. Jahrhundert wurde zur feierlichen Brechung des Brotes das Agnus Die gesungen. Es folgt die Reichung des Brotes durch die Priester (Communion). Damit schließt die Eucharistie - Feier.

3. 3.16 Benedicamus

Schließlich entlässt der Priester die Gemeinde mit dem Benedicamus, dem ein Responsum - das heißt eine gesungene Antwort der Gemeinde folgt.

5. Das Offizium

Auf das Offizium, als monastische Sonderform der monastischen Liturgie, soll hier nur kurz verwiesen werden. (24) Unter dem Offizium versteht man das klösterliche Chor- oder Stundengebet nach der Regel des Heiligen Benedikts. Die acht "Horen", wie die, den gesamten Tagesablauf der klösterlichen Gemeinschaften durchdrangen und ihm eine Struktur verliehen, werden wie folgt bezeichnet:

1. Matutin (Mette, Vigil) 00.00 - 02.00Uhr

2. Laudes 05.00Uhr

3. Prim (hora prima) ca. 06.00Uhr

4. Terz (hora tertia) 09.00Uhr

5. Sext (hora sexta) 11.00Uhr

6. None (hora nona) 15.00Uhr

7. Vesper 18.00Uhr

8. Complet (Completorium) 19.00Uhr (25)


ANHANG :  WORTERKLÄRUNG

Antiphon: als Vortragsform das Gegeneinandersingen zweier Sänger oder Chöre.

Benedicamus: die Entlassungsformel am Ende der Messe und der Horen.

Collecta: Gebet, in dem der Priester stellvertretend für die versammelte Gemeinde spricht.

Credo: Glaubensbekenntnis.

Epistel: erste Lesung der Messe, auch Lectio genannt.

Eucharistie: ("Dankgebet") das Herzstück der christlichen Messfeier, mit Vollzug der heiligen Handlungen.

Introitus: die Einleitung der Messe.

Messe: die in Lesungen und als Opfermahl vollzogene sakramentale Vergegenwärtigung des Wirkens Christi.

Ordinarium: die fünf feststehenden, gleichbleibenden Gesänge der Messe.

Präfation: feierliches Dankgebet.

Proprium: die nach den Anlässen im Kirchenjahr wechselnden Gesänge.

Responsorium: eine auf den Wechsel von chorischen Refrain und solistischen Versus beruhende Form.

Responsum: innerhalb eines Responsoriums ein zur Wiederholung durch den Chor bestimmter Abschnitt.


ANMERKUNGEN UND LITERATURNACHWEISE

1. Isnard Wilhelm Frank: Kirchengeschichte des Mittelalters. Patmos Verlag, Düsseldorf 1984. S. 29

2. Alec Robertson: "Liturgische Einstimmigkeit", in Geschichte der Musik. Hg. Alec Robertson u. Denis Stevens Prestel Verlag, München 1990. S. 174

3. Alec Robertson: ebenda, S. 174 - 175

4. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger. Musik in der Gesellschaft des europäischen Mittelalters. Koehler & Amelang, Leipzig. 1975. S. 51

5. Romain Goldron: Von der Hagia Sophia zur Notre Dame. Illustrierte Geschichte der Musik. Band 3., Editions Recontre; Lausanne. 1965. S. 99 - 111

6. Romain Goldron: Triumpf der Polyphonie. Illustrierte Geschichte der Musik. Band 3., Editionsrecontre. Lausanne; 1965. S. 43 - 44

7. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 52

8. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 53

9. Anmerkung: Das Schema entstand nach Peter Gülke S. 52

10. Anmerkung: Siehe hierzu auch Alec Robertson: "Liturgische Einstimmigkeit. S. 197 - 198

11. Bruno Stäblein: Introitus (vokal), in Musikalische Gattungen in Einzeldarstellungen.. Band 2: Die Messe. Bärenreiter Verlag, Kassel. S.172 -179

12. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 55

13. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 55

14. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 56

15. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 56

16. Anmerkung: Siehe hierzu u.a.: Romain Goldron: Von der Hagia Sophia zur Notre Dame. Illustrierte Geschichte der Musik. Band 2., Editions Recontre; Lausanne.

1965. S. 113 - 116

17. Helmut Hucke: Tractus, in Musikalische Gattungen in Einzeldarstellungen. Band 2: Die Messe. S. 349

18. Anmerkung: Siehe hierzu zum Beispiel die von Berthold von Regensburg überlieferten Predigten aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

19. Bruno Stäblein: Credo, in Musikalische Gattungen in Einzeldarstellungen.. Band 2: Die Messe. Bärenreiter Verlag, Kassel. S. 381

20. August Scharnagel: Offertorium in Musikalische Gattungen in Einzel-darstellungen.. Band 2: Die Messe. Bärenreiter Verlag, Kassel. S. 387

21. ebenda.

22. Peter Josef Thannabauer: Sanctus, in Musikalische Gattungen in Einzeldarstellungen.. Band 2: Die Messe. Bärenreiter Verlag, Kassel. S.395

23. Bruno Stäblein: Die lateinische Messe. Ebenda S. 21

24. Anmerkung: Siehe hierzu am ausführlichsten: Die Benediktsregel. Der vollständige Text der Regel übersetzt und erklärt von Georg Holzherr,

Abt von Einsiedeln., Benziger Verlag; Zürich, Einsiedeln, Köln. 1980

25. Peter Gülke : Mönche / Bürger / Minnesänger S. 60 - 61