Die Kirchenverordnung Joberts aus der Zeit von 1177-1181 n. Chr. - von Thorsten Ringel


Dies sind die Gewohnheiten in der Kirche, die man in der Kirche einhalten soll und die Statuten (=Satzungen), die Meister Roger im Jahre 1181 nach Christi Geburt erließ. Dies sind die Gesetze Meister Rogers: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

I Kapitel

(1) Wir befehlen, diese Gebote im Hause des heiligen Spitals zu Jerusalern für immer und ewig einzuhalten. (2) Als erstes gebieten wir, daß keine Frühmesse vor Tagesbeginn gesungen werde. (3) Weiterhin, daß kein Oberer oder Pfleger der Häuser Neinem Priester gebiete, zwei Messen am Tag zu singen, es wäre denn, daß eine Leiche gegenwärtig (aufgebahrt) wäre. (4) Dann soll der Priester die erste Messe vom Sonntag oder von einem Heiligen singen, danach die zweite Messe von den Toten, wenn der Leichnam anwesend ist. (5) In welchem Hause auch immer ein Bruder stirbt, dort soll man seinen Jahrtag in den Kalender schreiben, und man soll an dreißig Tagen für sein(e) Seele(nheil) Messen singen. (6) Sowie dann der Dreißigste begangen wird, so soll man seinen Jahrestag für immer begehen in dem Hause, worin er gestorben ist. (7) Ist es der Fall, daß drei Priester in dem Hause sind, wo der Dreißigste gefeiert wird, so soll der eine seinen Dreißigsten feierlich mit dem Amt begehen, die zwei (anderen) singen die Messe, die zu der Zeit trifft. (8) Sind aber nur zwei Priester da, so teilen sie das Amt (=Exequien) zu gleichen Teilen unter sich, (9) Ist jedoch nur ein Priester da, so soll man für dreißig Tage einen fremden Priester einladen, daß das Amt gefeiert werde.

II. Kapitel

(1) Wenn er (=der Gedenktag) feierlich begangen ist, so soll man ihm (= dem Priester) nach des Hauses Gewohnheit eine Vergütung (= Meßstipendium), ein Hemd und neue Hosen geben. (2) Ist es aber der Fall, daß man keinen Priester gewinnen kann und der Priester des Hauses ohne Aushilfe bleibt, so kann er den Dreißigsten so begehen, daß er mit Ausnahme der Heiligen Zeit (= Karwoche) und der Sonntage täglich für den Toten die Seelenmesse singt, und er soll am Altar ein Gebet für die Seele des Bruders sprechen. (3) Nach dreißig Tagen zähle er sodann die Tage, an denen er keine Seelenmesse gesungen hat, so viele Tage ergänze man hernach, so daß man ihm dennoch das fromme Gedenken des Hauses zuteil werden läßt. (4) Wäre es der Fall, daß er in der Fastenzeit stirbt und in dem Hause wäre nur ein Priester und der Dreißigste zöge sich bis nach Ostern hin, so vollende man nach der Osterwoche seinen Dreißigsten.

III. Kapitel

(1) Wir gebieten auch, daß die Brüder zu aller Zeit in der Kirche ein Licht brennen (2) und daß der Kelch und das Rauchfaß aus Silber seien.

IV. Kapitel

(1) Wir befehlen auch, daß man die Leichname von Pilgern oder anderer Christenmenschen, die nach der Vesper sterben, bis nach der Prim im Spital behalte, in dem sie gestorben sind. (2) Auf der Bahre sollen die Toten nicht ohne Licht liegen und nach der Prim, wenn die erste Messe gesungen wird, soll man den Leichnam zu Grabe tragen. (3) Die Bahre, auf der man die Toten trägt, soll sein wie in Jerusalem.

V. Kapitel

(1) Die Leichname der Brüder soll man in der Kirche behalten, und die Kleriker sollen die ganze Nacht darin wachen, auf allen Seiten um die Bahre mit brennenden Kerzen (stehen) und mit Lob? und Bittgebeten an unseren Herrn und Gott für die Seele des Bruders. (2) Von den Dreißigsten, die man den Priestern gibt, soll das Haus nichts einbehalten, und man soll es ihnen geben. (3) Den Dreißigsten der fremden Brüder soll das Haus halb (= zur Hälfte) behalten.

VI. Kapitel

In den Messen, die man ohne Feierlichkeit singt, sollen die Priester keinen Rechtsanspruch auf das Opfer haben, außer so viel, wie ihnen die Brüder freiwillig geben.

VII. Kapitel

(1) Von dem, was in der Beichte erworben wird, (davon) soll man den Priestern den sechsten Teil aus Wohlwollen und nicht nach Recht und Gesetz geben. (2) Weiterhin gebieten wir dieses, daß dort, wo keine Bürger sind und nur ein Priester, es im Ermessen des Pflegers (= Prior) steht, ihm das zu geben oder zuzuteilen, wie er es will, nur die Benefizien (= Pfründe) der Priester kann er nicht zuteilen, wie er will.

VIII. Kapitel

(1) Die letztwilligen Schenkungen, die bis auf einen Notpfennig gegeben werden, sollen zur Hälfte wieder zurückgegeben werden, und alles, was dem Spital gegeben wird, (das) sollen die Brüder, Kleriker und Laien, ohne Teilung übergeben. (2) Hier teilt er die Gesetze.